Jahrhundertelang beschützte das Fort in Vellore vor den Feinden aus der Fremde. Heute kommen viele Fremde in die Stadt. Denn sie lockt mit zahlreichen Einrichtungen der Spitzenforschung. Wissenwertes über den Ort, neben dem ich lebe.

„Stadt des Sieges“, so hieß die Hauptstadt und der Namensgeber für das indische Königreich Vijayanagar. Es herrschte zu Beginn des 16. Jahrhunderts über ganz Südindien. Doch das sollte nicht lange so bleiben.

Im Jahr 1565 vereinigten sich die islamischen Dekkan-Sultanate gegen das hinduistische Königreich. Es kam zur Entscheidungsschlacht bei Talikota. Der Befehlshaber des Königreichs Vijayanagar Aliya Rama Raya starb. Das Königreich ging unter.

Diese Situation nutzen die Nayak. Sie waren von Vijayanagar über die Jahre als Statthalter in den besetzen Gebieten eingesetzt worden. Jetzt nutzten sie das Machtvakuum und wurden selbst Herrscher. Auch in Vellore. Und damit sind wir angekommen, wo wir hinwollten.

Früher eine unbezwingbare Festung…

Die Nayak bauten in dem Ort eine starke Festung zur Verteidigung. Die Machthaber wechselten immer wieder. Die Festung aber blieb stehen und funktionierte. Während des zweiten Mysore-Krieges zwischen 1780 und 1782 konnte das Königreich Mysore die Festung zweimal gegen die britische Ostindienkompanie verteidigen.

Nachdem die Briten allerdings den Krieg gewonnen hatten, wurden hier die Kinder des ehemaligen Herrschers von Mysore Tipu Sultan eingesperrt.

Bekannt ist die Festung auch für den „Vellore Munity“. Eine Meuterei am 10. Mai 1806. Aufgebrachte indische Soldaten stürmten die Festung, weil sie europäisch angehauchte Uniformen tragen sollten, die im Hinduismus verboten waren. Der Aufstand wurde aber blutig von den Briten niedergeschlagen.

Vellore hat also eine spannende Geschichte. Und hier lebe ich seit fast drei Monaten.

…heute ist das Fort ein Ruhepol in der Stadt

Die Festung gibt es immer noch zu sehen. Vor allem mittags treffen sich unter den dicht gewachsenen Bäumen und Büschen junge Pärchen und verbringen Zeit miteinander. In der Öffentlichkeit ist das sonst verpönt.

Das Fort ist der Mittelpunkt von Vellore, das heute allerdings für andere Einrichtungen bekannt ist.

Der Fortbereich in Vellore. Heute ein Ort zum Entspannen von der Hektik der Stadt.

Der Fortbereich in Vellore. Heute ein Ort zum Entspannen von der Hektik der Stadt.

Das bekannteste Krankenhaus in Indien

Da ist zum einen das Christian Medical College. Das CMC ist eines der bekanntesten und am besten ausgestatteten Krankenhäuser des ganzen Landes. Von überall kommen Menschen hierher, um sich behandeln zu lassen. Reiche zahlen Preise, wie in Deutschland. Arme bekommen die Behandlung umsonst. Auch viele europäische Medizinstudenten kommen so nach Vellore, um hier mitzuhelfen.

Für Inder gilt vor allem eine schöne Regel: Um sich beim CMC als Medizinstudent zu bewerben, muss man an einem Test teilnehmen. Dieser findet in allen größeren Städten in Indien statt. Wer den Test besteht, wird genommen. Studiengebühren gibt es keine. Das Studium zum Arzt steht also theoretisch für jeden offen.

Das Christian Medical College in Vellore. Spitzenmedizin, bekannt in ganz Indien

Das Christian Medical College in Vellore. Spitzenmedizin, bekannt in ganz Indien

Spitzenwissenschaft zu Spitzenpreisen

Auch der anderen Seite des Flusses Palar, nördlich der Altstadt von Vellore, liegt ein weiteres akademisches Highlight Indiens: Das VIT. Das Vellore Institute of Technology. Immerhin 29.000 Studenten sind dort eingeschrieben. Die Uni gilt als eine der besten in Indien, sie wurde zudem zur besten privaten Hochschule des Landes gewählt. Entsprechend sind auch die Preise.

Der Bachelor of Science in Informatik kostet beispielsweise pro Jahr 42.000 Rupien. Das sind für unsere Ohren zwar nur etwa 560 Euro. Wenn wir aber bedenken, dass der Durchschnittslohn (mit Zahlen von 2014) in diesem Land bei knapp 68.000 Rupien pro Jahr liegt, dann wird klar, wie viel diese Bildung kostet. Im Master wird’s außerdem gerne mal um die 20.000 Rupien pro Jahr teurer.

Der Eingang des Vellore Institute of Technology

Der Eingang des Vellore Institute of Technology

Ein Basar für alles

Weg von der Wissenschaft hat Vellore aber noch mehr zu bieten. Manchmal erinnert sie mich ein bisschen an Jerusalem. Wenn ich durch den überdachten Basar spaziere, wo die Händler ihr Gemüse und Obst anbieten. Oder in Nebengassen Schmuck, Töpfe oder Putzmittel.

Vellore mit seiner langen Geschichte – ein spannender Ort, in dem ich jetzt noch wenige Tage leben werde.

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