Einer meiner letzten Wochenendetrips führt mich in einen Ort, den ich ganz zu Beginn meiner Indienzeit entdeckt habe. Jetzt wollte ich endlich mal hinfahren und mir das ganz genau anschauen. Die Stadt verspricht viel: Ein bisschen Europa mitten in Südindien…

So ein bisschen komme ich mir gerade vor, wie auf einer Abschiedstour. Noch eine Woche bis zur Landung in München. Und immer wieder besuche ich jetzt Orte, an denen ich zu Beginn meines Indienaufenthalts schon war, lerne sie aber diesmal viel intensiver kennen.

Vergangenes Wochenende war ich zum Beispiel nochmal in Mahaballipuram. Dort, wo ich zum ersten Mal meine Füße im indischen Pazifik hatte, entdeckte ich jetzt alte Steintempel, ging ausgiebig Shoppen und genoss das letzte Mal Meer in Indien (außer das Flugzeug stürzt nach dem Start in Chennai ins Meer – das ist dann aber wenig Genuss).

Ich will diesmal aber über meinen Trip von vor zwei Wochen schreiben. Denn er führte mich in einen Ort, durch den ich vorher nur mit dem Bus durchgefahren war – und der mich damals schon reizte. Auch wenn die Beschreibung im Lonely Planet nicht ganz so berauschend ist:

„Wer bei Puducherry […] an ein provenzalisches Dorf in Südindien denkt, wird enttäuscht werden. Überwiegend ist die Stadt typisches Tamil Nadu.“

Puducherry (bis 2006 und auch heute noch geläufiger: Pondicherry – oder Pondi) hat nämlich eine ziemlich französische Vergangenheit. Seit 1674 waren die Franzosen hier Kolonialherren, mit kurzen Unterbrechungen durch die Niederländer und die Briten. Erst 1954 trat Pondicherry dem Staat Indien bei. Hat aber bis heute eine Ausnahmestellung.

Pondicherry liegt südlich von Chennai.

Pondicherry liegt südlich von Chennai.

Pondicherry gehört nicht zu Tamil Nadu

Der Ort und ein paar Dörfer drumherum sind Unionsgebiet. Sie gehören damit nicht zum Bundesstaat Tamil Nadu, der sie umgibt, sondern sind nur der Zentralregierung in Neu-Delhi unterstellt.

Das bedeutet in der Praxis der Touristen vor allem: Der Alkohol ist so günstig wie nirgendwo an der tamilischen Pazifikküste. Sonst zahlt man in der Regel Münchner Preise für ein Bier (zugegebenermaßen für 650ml), in Pondi gibt es das schon teilweise für knapp einen Euro. Der Staat Tamil Nadu kontrolliert bei den Übergängen zu Pondicherry mit Straßensperren sehr genau, dass niemand Alkohol mitschmuggelt, um ihn im deutlich strengeren Tamil Nadu zu verkaufen.

Politisch hat die Stadt als Unionsgebiet auch jede Behörde, die ein Bundesland braucht für sich selbst aufgebaut: Umweltministerium, Finanzministerium oder eine Hafenbehörde. Insgesamt 41 Behörden hat Pondicherry.

Und auch touristisch zieht Pondi noch einiges aus seiner Vergangenheit. Nur hier konnte es mir passieren, dass mich ein Inder auf der Straße mit „Bon soir, comment ça va?“ anspricht. Einige Gebäude erinnern noch an die Vergangenheit: Die Handelskammer etwa heißt „Chambre du Commerce“, das Rathaus „Hôtel de ville“ oder das Soldatendenkmal erinnert an die gefallenen Franco-Inder für den 1. Weltkrieg. Ja, sie hatten damals die französische Staatsbürgerschaft.

Auroville ist nah – und ich schaue vorbei

Bekannt ist die Stadt auch für neuere Bauten. Den Sri Aurobindo Ashram zum Beisiel, einer der bekanntesten Orte für Meditation in ganz Indien. Sri Aurobindo war auch ein Vorbild für die „Mutter“, die Gründerin von Auroville. Der Ort liegt wenige Kilometer außerhalb von Pondi, ich hatte ihn bereits am ersten Wochenende in Indien besucht – und ja, jetzt war ich noch einmal da, um zu meditieren.

Auroville Selfie Matrimandir

Ein Selfie vor dem Matriandir – dem spirituellen Zentrum von Auroville.

Auroville Matrimandir

Das Matrimandir in Auroville. Beeindruckende Architektur oder „Epcot-Center-Style“ (Lonely Planet)

Sehr schön ist in Pondi auch die Promenade direkt am Strand. Zum Baden ist er leider zu felsig, zum schlendern aber ideal. Sogar mit Gehsteig.

Und auch Kulinarisch macht Pondi einiges aus seiner Vergangenheit: Französische Lokale, wohin man blickt. Gemixt wird das ganze meist mit indischem Essen. Ist ein spannender Versuch.

Die Christen sind sichtbar

Und dann sind da natürlich noch die Kirchen. Man merkt der Stadt die europäische Vergangenheit auch an den zahlreichen christlichen Gotteshäusern an. Der Kathedrale der unbefleckten Empfängnis („Notre Dame de la Conception Immaculée“), die Sacré Cœur-Basilika oder die Our Lady of Angels-Kirche („Notre Dame des Anges“). Im Gegensatz zum sonstigen Tamil Nadu sind die Hindu-Tempel ziemlich unbedeutend. Es gibt ein paar, zum Beispiel den Manakula-Vinayagar-Tempel, der dem Gott Ganesha geweiht ist.

Trotzdem lässt sich festhalten: Ja, Pondicherry ist laut und hektisch, ja, es ist fast wie Tamil Nadu. Aber eben nur fast. Ein bisschen europäisches Flair hat sich hier in Südindien eingeschlichen und das sind nicht nur die Touristen.

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