Viel Glitzer, Trommler und Bananen – meine erste hinduistische Hochzeit in Indien beschert mir viele neue Eindrücke und ein großartiges Abendessen. Das Brautpaar hätte ich aber fast verpasst.

Die Autofahrer auf der nahegelegenen Schnellstraße, dem „Flyover“, müssen von dem Gebäude bei Nacht sehr geblendet werden. Zum Glück fahren die Autos in Indien nicht ganz so schnell, wie in Deutschland. Der „Royal Palace“ erstrahlt in vielen bunten Farben, sie blinken oder leuchten als Lauflichter auf. Wer daran vorbeifährt, oben auf der Schnellstraße, der kann leicht erkennen, dass hier eine große Feier bevorsteht. Und das tut sie.

Im „Royal Palace“, fünf Minuten auf dem Motorrad von meiner Wohnung entfernt, erlebe ich meine erste indische Hochzeit, eine hinduistische. Der Ehemann unserer Projektleiterin ist eingeladen und nimmt mich mit. Um 19 Uhr soll es losgehen, und natürlich sind wir pünktlich, der typisch deutsche Fehler.

Siebenmal um das heilige Feuer für die Ehe

Eigentlich ist die richtige Hochzeitszeremonie auch schon vorbei. Die fand am selben Morgen in aller Frühe statt. Je nach Kaste und Form des Hinduismus gibt es verschiedene Rituale. Das Hauptritual ist aber das Umschreiten des heiligen Feuers in Anwesenheit eines Priesters. Siebenmal muss ein Brautpaar, verbunden durch Tücher, um das Feuer gehen. Dann ist die Ehe besiegelt.

Zurück zum „Royal Palace“ am Abend. Wir kommen in einen riesigen Saal, bestuhlt mit hunderten von Plastikstühlen. Vorne auf einer großen Bühne stehen zwei thronartige Sessel, dahinter goldene Säulen. Vor der Bühne stehen große Stative mit Blitzgeräten, wie man sie von Fotostudios kennt. Davor bereiten sich zwei Fotografen und ein Videofilmer auf ihren Einsatz vor. Wir setzen uns hin, trinken aus einem kleinen Becher Kaffee und warten. Auf die große Hochzeitsfeier.

Der Hochzeitssaal im „Royal Palace“

Der Hochzeitssaal im „Royal Palace“

Langsam füllt sich der Saal. Die Männer kommen in Hemd und Hose (ich bin mit meiner Kurtha viel zu overdressed, aber ich muss sie ja auch mal ausführen), die Frauen erscheinen in prachtvollen, bunten Saris. Inzwischen ist es 20 Uhr geworden. Doch vom Brautpaar keine Spur.

Zum Essen auf die Hochzeit

Dafür gibt es aber Essen. Böse Zungen behaupten, dass das der Hauptgrund ist, weshalb viele Leute auf Hochzeiten gehen. Der Klassiker ist Biryani, doch bei dieser Hochzeit wird noch mehr aufgetischt. Der Speisesaal ist im Keller.

Auf jedem Platz liegen Bananenblätter, darauf mehrere indische Soßen mit verschiedenem Geschmack. Kaum sitzt man, kommen Kellner, schenken Wasser ein und laden kiloweise Reis auf den Teller. Auch Biryani holen sie aus ihren Metaleimern und schaufeln es auf das Bananenblatt. Das Essen ist köstlich.

Das Essen auf der Hochzeit, serviert auf dem typischen südindischen Bananenblatt.

Das Essen auf der Hochzeit, serviert auf dem typischen südindischen Bananenblatt.

Im Anschluss geht es an ein meterlanges Waschbecken. Sauberkeit muss sein, vor allem, wenn man mit der Hand isst. Danach gibt es für jeden Gast noch eine Banane. Inzwischen ist es kurz vor 21 Uhr. Bald muss unser Begleiter gehen, der uns auf die Hochzeit gebracht hat. Wir werden nervös: Bekommen wir das Brautpaar gar nicht mehr zu Gesicht?

Im Hochzeitssaal haben sich inzwischen Trommler und eine Band aufgebaut. Die Trommler gehen irgendwann raus und warten dort auf das Brautpaar. Wir blicken immer wieder auf die Uhr, inzwischen auch ein bisschen angenervt von der tamilischen Band, die zwar melodisch, aber auch unglaublich zu laut singt.

Aber das Warten lohnt sich. Denn tatsächlich: Nach 21 Uhr kommen die Frischvermählten. In einer Menschentraube werden sie auf die Bühne begleitet, dann beginnt das Spektakel.

Rangeln um das Brautpaar

Jeder Gast will jetzt sein Geschenk zuerst übergeben, und dabei vorteilhaft in die Kameras der Fotografen schauen. Rund um das Brautpaar entsteht eine riesige Menschentraube, es wird teilweise gerangelt und gedrängelt.

Auch wir übergeben dem Paar ein Geschenk, und natürlich dürfen auch wir auf ein Foto.

Zum Brautpaar geschafft. Als Belohnung gibt's ein Foto. Wirklich glücklich sehen sie aber nicht aus...

Zum Brautpaar geschafft. Als Belohnung gibt’s ein Foto. Wirklich glücklich sehen sie aber nicht aus…

Dann aber schnell wieder runter von der Bühne.

Wie ich mir die indischen Hochzeitsgeschenke vorstellen soll, zeigt mir ein Blick in einen Nebenraum. Dort stehen schon einige, sperrigere Mitbringsel: Ein Schrank, ein Bett, eine Matratze und ein Kühlschrank. Falls mich jetzt jemand auf eine deutsche Hochzeit einladen möchte – ich habe viel Inspiration 😉

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