Schlappe 27 Stunden Zugfahrt hat es gedauert, schon bin ich von Kerala nach Mumbai gekommen. Die größte Stadt Indiens hat viele spannende Facetten, ein paar konnte ich in 24 Stunden entdecken.
Wäscheleinen so weit das Auge reicht. Darunter ein Gewusel an Menschen, die sich an viereckigen Becken auf und ab beugen. Am Horizont strecken sich Mumbais Wolkenkratzer in den Himmel. Vor mir liegt „Dobi Gath“ – der Waschslum von Mumbai. Tausende Menschen sorgen hier die ganze Woche über mit Waschmaschinen, Wäscheleinen oder ihren bloßen Händen dafür, dass die Hotels und Industriebetriebe Mumbais frische Wäsche haben. Anders als viele andere Slums in Mumbai ist Dobi Gath eine Touristenattraktion.
Slums gibt es in der Stadt viele. Schon beim Einfahren mit dem Zug fallen mir die eng bebauten Ministadtviertel auf, typisches Merkmal sind blaue Planen gegen Regen auf den Dächern – obwohl die meisten Gebäude inzwischen aus festem Beton sind und ein festes Dach haben. Der bekannteste und größte Slum Mumbais heißt Dharavi – dort wurde „Slumdog Millionaire“ gedreht.
Ich bin eigentlich nur durch einen Zufall nach Mumbai gekommen. Ein Mitglied unserer Keralareisegruppe musste für einen Tag nach Mumbai, ich habe mich angeschlossen, und konnte so 24 Stunden in der Stadt verbringen. Danach ging es weiter nach Pune, wo wir uns alle wiedergetroffen haben.
Gateway und Taj-Hotel – Touri-Klassiker
Bereits der erste Abend im Mumbai war eindrucksvoll: Der Blick auf das „Gateway of India“, den berühmten Triumphbogen zur Erinnerung an den Besuch vom englischen König George V. im Jahr 1911 in der Kolonie. Ironischerweise wurde er erst 1924 fertiggestellt. Noch ironischer ist die Tatsache, dass 1947, nach der Unabhängigkeit Indiens, durch diesen Bogen die letzten britischen Truppen auf Schiffe gen Heimat marschierten.
Daneben steht ein weiteres Zeichen indischer Auflehnung gegen die Briten, zumindest wenn man der Legende glauben mag: Das Taj Mahal Palace Hotel, kurz Taj Hotel. Angeblich ließ der Industrielle Jamsetji Tata es deshalb bauen, weil ihm der Zutritt in einem Mumbaier Hotel verwehrt wurde, weil dort nur Weiße hineindurften. Das Taj Hotel sollte ein offenes und sehr edles Haus werden. 2008 war es auch ein Ziel der Terroranschläge im Mumbai.
Das ist gerade einmal acht Jahre her, trotzdem ist die Stadt irgendwie entspannter, als Orte wie New York oder London. Es stehen nicht überall Polizisten mit Maschinenpistolen herum, Sicherheitskontrollen gibt es zwar ab und an, aber nicht überall. Vielleicht ist das in einer solchen Metropole auch gar nicht möglich, mit 12,5 Millionen Einwohnern nur im Kern (so die offizielle Zahl) ist sie die größte Stadt Indiens und unter den Top Ten der Welt.
Wuselig wird es dann auch am nächsten Tag. Ich bin mit der Local Train unterwegs. Schon für 10 Rupien (etwas über einen Euro) bekomme ich ein Return-Ticket. Die Züge haben zwei Klassen, Abteile für Senioren, Frauen und Behinderte. Eines ist aber in allen Waggons gleich: Die Türen stehen offen, und schon bei der Ankunft in einer Station hüpfen die Mumbaier aus dem Zug.
Ghandis Haus: Matratze und Spinnrad
Ich besuche das Haus, in dem Mahatma Gandhi in Mumbai gelebt hat. Ein Zimmer im ersten Stock ist ganz schlicht eingerichtet, wie es unter Ghandi ausgesehen haben soll: Mit einer weißen Matratze und einem Spinnrad. Eine Ausstellung mit Dioramen erzählt das Leben von Ghandi, von seiner Geburt, seinem Studium in London, seiner Arbeit als Anwalt in Südafrika, seinem Wirken in Indien bis zu seinem Tod durch ein Attentat. Spannende Einblicke für mich in einen spannenden Menschen.
Zurück zum Hotel spaziere ich über den Marine Drive, der die Bucht vor Mumbai umgibt. Davor liegt am Meer der Chowpatty-Beach, ein schöner großzügiger Stadtstrand. Allerdings traue ich mich nicht, im Meer vor Mumbai zu baden. Dafür habe ich dann doch zu viele Horrorstories über eingeleitete Abwässer gehört.
Hier ein paar Impressionen aus meinem Stadtspaziergang:
Am Nachmittag breche ich dann wieder auf, Richtung Pune. Vier Stunden sitze ich im Zug, dann komme ich in der „deutschen Stadt“ an. Mehrere tausend Deutsche leben hier, hauptsächlich, weil viele deutsche Firmen hier ihre Indienvertretungen haben. Und so verblüfft es wenig, dass der Ort sogar eine „German Bakery“ hat.
Am Abend feiern wir mit Indern und Deutschen, zuerst unter freiem Himmel, dann auf der Dachterasse eines Hotels. Ein Praktikant von Mercedes in Pune schuldet mir übrigens immer noch ein Bier….
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